Sonne, Strand & meine Wahrheit über Curaçao Die sonnige Form von Denkste! - Freundin Sarah auf karibischen Pfaden

Die Wahrheit über Curaçao: Eigentlich hätte es mir schon vom ersten Moment an klar sein müssen. Vom ersten Moment an, als wir aus dem Flugzeug stiegen und meine Haare fröhlich zu verkünden schienen: “So, für den Rest des Urlaubs machen wir, was wir wollen!” Und das war nur die erste vieler Überraschungen…

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Curaçao – Karibik ganz anders

Wie stellt ihr euch die Karibik vor? Sonne, weiße Strände, exotische Blumen, seltene Tiere, vielleicht dazwischen ein paar Palmen und bunte Häuser? Ja, trifft das in etwa euer Bild von der Karibik? Unseres traf es auch – aber wir mussten lernen, es gibt die Karibik und es gibt Curacao. Wo nicht alles schlecht, aber eben auch nicht alles gut ist.

Als Bürgerin von Amsterdam erschien es mir naturgemäß eine gute Idee – so wie es scheinbar die gesamten Niederlande kollektiv tun – mir auch mal die ehemals niederländischen ABC-Inseln anzusehen. Sozusagen der holländische Vorgarten. Und dann waren da ja auch noch diese angenehm unkomplizierten Direktflugverbindungen von Schiphol mit KLM gleich nach Willemstad.

Curacau Karibik ganz anders
Ein Karibischer Traum – oder doch nicht? © Sarah Tekath

Ankommen in Slow-Motion

Ich, wir, träumten also von all dem, was ich gerade so aufgezählt habe. Und es begann auch alles großartig. Schließlich hatten wir uns vorher eingelesen und waren darauf vorbereitet, dass die Island-Time sichtlich langsamer läuft. Wir kamen also an und warteten erst einmal ein Weilchen auf unseren Mietwagen. Es gab nämlich drei Mitarbeiter, aber leider nur einen Computer vor Ort, der am Schalter noch funktionierte. Macht ja nichts – wir haben heute nichts mehr vor, ist ja Urlaub!

Karibikträume werden wahr – fast

Auch unser Hotel war schön. Bunte Farben setzen die imposante Fassade mit wunderschön gestalteten, strahlend weißen Geländern und Giebeln in Szene. Hinter dem Gebäude erstreckt sich ein hübscher Garten, eine Beach Bar umarmend, bis ans Meer. Glaubt mir, es gibt schlechtere Aussichten, die sich einem morgens bieten, wenn man einen Blick aus dem Fenster wirft.

An der Rezeption erhielten wir eine Karte der Insel, mit mit einem Sternchen markierten sehenswerten Orten des allgemeinen Interesses. Also stiegen wir ins Auto, Handtücher im Kofferraum, Bikinoberteil bereits unter dem Tank Top und Sandalen an den Füßen, voller Vorfreude auf eine der schönsten Buchten von Curacao.

Und der Anblick war atemberaubend – das kann ich vorbehaltlos sagen. Türkisfarbenes Wasser blendet selbst durch die getönten Gläser der Sonnenbrille. Dieses Bild hätte mein inneres Auge sich gerne bewahrt. Denn dann begingen wir einen fatalen Fehler und bogen einmal rechts ab.

Idealer Sommerurlaub & die Wahrheit über Curaçao

Denn hinter einem Gebäude tauchte plötzlich – mein Fahrer brachte unseren Kleinwagen mit einem Bremsschlag zum Panikstopp und wir starten beide ungläubig durch die Windschutzscheibe nach vorne- eine gewaltige Bohrinsel in der Mitte der Bucht auf. So wenige Meter vom Strand entfernt, dass man gemütlich hätte hin schwimmen können. Verschmutzte Pfeiler, die im Wasser stehen, fragwürdige uralt Konstruktionen und dubiöse zähflüssige Substanzen, die ins Meer fließen. Von dem Moment an war irgendwie klar, dass hier die Regel greifen würde: “Humor ist, wenn man trotzdem lacht.” Und falls die Frage noch offen geblieben sein sollte: Nein, wir sind nicht schwimmen gegangen.

Aber die fleißigen Tourismusverbände Curacaos sind ja auf Zack und haben sich was einfallen lassen. Denn schöne Strände gibt es, zumindest auf der einen Seite der Insel durchaus. Man erkennt sie daran, dass man schon auf dem Parkplatz gefragt wird, ob man die Eintrittsgebühr gerne in Gulden oder lieber in US-Dollar entrichten möchte. Dabei sollte man doch meinen, der Achsenschaden, den man sich vorher auf den Straßen geholt hat, wäre schon teuer genug.

Vorsicht – Auch Autofahren geht hier anders

Stichwort Autofahren: Es macht Spaß, auf Curacao. Wie Fahrrad fahren in Amsterdam. Vergesst einfach alles, was ihr mal in der Fahrschule über Blinken, Rechts vor Links oder Temporichtwerte gelernt habt. Den Stress macht sich dort niemand. Wenn euch plötzlich alles egal ist, dann geht’s. Also, wenn ihr grün habt, bedeutet das nicht, dass die Linksabbieger aus der entgegenkommenden Richtung nicht auch entschieden haben, dass sie jetzt nicht warten mögen und trotzdem fahren. Rechts überholen geht auch prima, ebenso wie 20 km/h oder auch 120 km/h zu fahren, wo 60 km/h erlaubt gewesen wäre. Vergesst auch einfach mal den Unterschied von Tempolimits innerhalb und außerhalb geschlossener Ortschaften. Wir haben ihn, trotz intensiver Bemühungen, ohnehin nicht erkennen können. Aber auch hier gilt: Nehmt es mit Humor und macht, was alle anderen auch machen. Irgendwie klappt’s ja gut.

Trotzdem sei euch ein Geländewagen ans Herz gelegt, denn ich habe Schlaglöcher gesehen, in denen wir unsere kleine Knutschkugel kontaktlos hätten versenken können.

Natur pur oder die Wahrheit über Curaçao

Nun dann mal zur Natur – ich persönlich habe mich auf bunte Vögel, Schmetterlinge und sonstige Exoten gefreut. Was ich bekommen habe, waren Ziegen und ein paar Iguanas. Und leider fällt auch die Pflanzenvielfalt eher dürftig aus – es sei denn, ihr macht einen Unterschied, ob die Buschart nun schon völlig verbrannt von Sonne und Wind ist oder ob zufällig noch ein bis zwei grüne Blätter dran hängen.

Leider hat aber die Natur auf der Insel auch wenig Chancen, selbst wenn sie sich ehrlich bemühen würde. Denn wenn man Willemstad oder sein all-inclusive-Resort einmal verlässt, kommt man nicht umhin, Curacao zu sehen, wie es wirklich ist. Die Insel ist ausgelaugt, Berge von Glas und Plastik ebenso wie Sperrmüll häufen sich zwischen den Büschen und Menschen sitzen gelangweilt vor ihren Häusern von fragwürdigen Zuständen, weil sie schlicht nichts zu tun haben.

Willemstad hält, was es verspricht

Aber es bleibt ja zum Glück immer noch die Möglichkeit, sich Willemstad anzusehen. Völlig richtig. Leider ist es aber auch hier nicht so, dass ihr in Zeitdruck geratet, alles an einem Tag zu schaffen. Länger kann es nur mal dauern, wenn die tatsächlich und ehrlich hübsche schwimmende Holzbrücke in der Mitte der Stadt mal wieder geöffnet ist, um einen der unzähligen Öltanker in Richtung Raffinerie durchzulassen. Aber auch dann könnt ihr auch immer noch die kostenlose Fähre über den Fluss nehmen.

Es geht auch anders: Sonne, Entspannung & Urlaub

Und trotzdem gehört Curacao gefühlt zum Lieblingsziel Nummer 1 der Niederländer. Meine Theorie: Wer nicht hinschaut, kann auch nichts sehen. Denn natürlich ist Curacao so konzipiert, dass Sonne suchende Europäer keine Veranlassung sehen, ihre Hotelkomplexe zu verlassen. Es gibt ja den Privatstrand, das Fitnessstudio und den Albert Heijn gleich nebenan. Und wie schön entspannend ist es doch, im Urlaub an nichts denken zu müssen. Schon gar nicht an unangenehme Realitäten. Also, wenn in der Sonne braten, warme Temperaturen und der Sand unter den Füßen ausreicht, um euch einen schönen Urlaub zu garantieren – dann werdet ihr auf Curacao vorbehaltlos glücklich und habt meinen Segen.

Aus diesem Grund schöpften wir auch keinen Verdacht, als wir Curacao einfach mal bei der Google Bildersuche eingaben und anschließend voller Vorfreude unsere Reise buchten. Allerdings wiederholen sich bei genauerem Hinsehen die Strände auf den Motiven – und so wie Curacao wirklich aussieht, werdet ihr auch auf Trefferseite 7 vermutlich nicht finden. Weil es keiner sehen will. Weil es keiner sieht.

Curacau Karibik ganz anders
Ein Karibischer Traum – oder doch nicht? © Sarah Tekath

Fazit: Mein Urlaub & die Wahrheit über Curaçao

Trotzdem, unser Urlaub war entspannend: Nicht zuletzt deswegen, weil die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung mit Lesen, Sonnenbaden, Essen und Schlafen auch schon erschöpft waren. Und aufschlussreich war der Urlaub auch: Denn eine Insel, die voll von niederländischen Hotelpraktikanten ist, die einfach mal ein entspanntes halbes Jahr in der Sonne haben wollen, oder die auf Plakaten durch lächelnde Makler schicke Villen im ausgedörrten Nirgendwo anbietet, kann auch schön sein. Nicht schön im Sinne von attraktiv, oder hübsch, oder nett für’s Auge. Sondern schön im Sinne von Kontraste bemerken, aufmerksam sein und Zusammenhänge erstellen. Im Sinne von lehrreich. Im Sinne von Realität erkennen, wie sie ist – und nicht, wie man sie gerne hätte. Und ich hoffe, das ist mir hiermit gelungen.

Sarah Tekath

Journalistin | Redenschreiberin | Redakteurin | Dauerreisende. Sarah versteht, die Welt um sich herum spielend in Wort und Bild festzuhalten. Doch Vorsicht: Schwarzer Humor, eine ordentliche Portion Ironie und knallharte Ehrlichkeit machen ihr Story-Telling zu einem köstlichen Lesevergnügen mit Lach- und Gänsehautgarantie! Es ist wunderbar, Sarah eine Freundin nennen zu können!

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